„Ladies“ die neuen „Badboys“?

Neuer Trainer, neues Team, vielversprechende Youngster, lange Durstrecke- vergleicht man die Ausgangssituationen der „Bad Boys“ zur Europameisterschaft Anfang dieses Jahres und die der „Ladies“ zur bevorstehenden EM, so kann man einige Parallelen entdecken.

Alles neu macht der Biegler?

Allen voran der neue Trainer Michael Biegler steht für die Euphorie und Aufbruchsstimmung, welche die deutsche Mannschaft umgibt. Seit der ehemalige Trainer der polnischen Männer-Nationalmannschaft die Zügel im April dieses Jahres von Ex-Trainer Jakob Vestergaard übernommen hat, weht frischer Wind durch die Mannschaft: "Biegler hat in der Mannschaft eine Begeisterung entfacht, die es so vorher nicht gab." bemerkt DHB-Sportdirektor Wolfgang Sommerfeld vor dem Turnier.

Bieglers Arbeit macht sich jedoch nicht nur an der Stimmung im Team bemerkbar. Viele neue Gesichter, ob Rückkehrerinnen oder Newcomerinnen, finden sich im deutschen Kaderaufgebot wieder. Dabei verzichtet der 55-Jährige z.B. auf die bisherige Top-Scorerin Susann Müller und gibt der erst 19-Jährigen Emily Bölk die Chance sich auf internationalem Niveau zu beweisen. Dabei wird ihr wohl bereits früher als geplant eine wichtige Rolle in der Mannschaft zukommen. Mit Nadja Nadgornaja (schwanger), Xenia Smits und Shenia Minevskaya (beide verletzt) fallen gleich drei etablierte Rückraumkräfte aus.

Doch Bölk steht sinnbildlich für den Prozess, der im Hinblick auf die Heim-WM 2017 eingeleitet wurde. Viele junge und relativ unerfahrene Spielerinnen wie Alicia Stolle, Meike Schmelzer oder Anne Hubinger sollen bei der „Generalprobe Europameisterschaft“ zeigen, dass alsbald auch mit dem deutschen Frauenhandball wieder zu rechnen ist. Lediglich die beiden Torhüterinnen Clara Woltering und Katja Kramarczyk sowie Kapitänin und Rückraumstrategin Anna Loerper können auf Länderspiele jenseits der Hunderter-Marke zurückblicken.

Inkonstanz als einzige Konstante

Die letzten Erfolge auf der internationalen Handballbühne liegen bei den „Ladies“ dabei schon etwa genauso lange her wie bei den „Bad Boys“ vor dem EM-Coup. 2007 konnte man mit der Bronzemedaille bei der WM, 2008 mit einem 4. Platz bei der EM auf sich aufmerksam machen. Seitdem gleichen die Leistungen der deutschen Frauen bei großen Turnieren einer Achterbahnfahrt. 13ter, 8er, 10ter, so lesen sich die Platzierungen der letzten Europameisterschaften. Ein ähnliches Bild liefert ein Blick auf die jüngere Historie bei Weltmeisterschaften. Zu den olympischen Spielen 2016 war man erst gar nicht qualifiziert.

Doch die letzten Spiele der „Ladies“ lassen hoffen. Nach einer etwas durchwachsenen EM-Qualifikation, bei der man sich zweimal den Französinnen geschlagen geben musste, zeigte das Team von Michael Biegler in der Vorbereitung wie die Zukunft aussehen könnte. Nach einem glanzvollen Sieg und einer knappen Niederlage gegen Spanien trotzte man starken Schwedinnen zwei Remis ab. Kein Wunder also, dass Biegler von einer „bislang überragenden Vorbereitung spricht.

Trotzdem wird die Erwartungshaltung bewusst niedrig gehalten. Weiterkommen in die Hauptrunde heißt es einstimmig aus den Mündern von Offiziellen und Spielerinnen. Der Fokus liegt ein Jahr entfernt auf der Heim-WM, die anstehende EM wird nur als Zwischenschritt angesehen. Doch wer weiß, vielleicht haben sich die „Ladies“ ja doch etwas von den „Bad Boys“ Anfang des Jahres abgeschaut und sorgen für das nächste EM-Märchen.